Lieber ein Haus kaufen oder durch die Welt reisen? Wie Millennials mit Schulden umgehen.
Sie haben keine Sorgen, leben im Moment und geben lieber Geld für Erlebnisse aus, als für die Zukunft zu sorgen. Stimmt dieses Bild von den sogenannten Millennials? Der Faktencheck bei Inkassounternehmen und anderen Quellen zeigt: Es ist kompliziert.
Laut dem UK Citizens’ Advice Bureau (Büro für Bürgerberatung des Vereinigten Königreichs) ist die Jugendverschuldung tatsächlich ein wachsendes Problem. Zwischen 2010 und 2012 hatten junge Menschen zwischen 15 und 24 das höchste durchschnittliche Verhältnis von Schulden zu Einkommen. Die Verschuldung wuchs zwischen 2006 und 2012 insgesamt um 200 Prozent. Dieser Anstieg war mehr als zehnmal höher als derjenige der breiteren Bevölkerung.
Bei der Rückzahlung von Schulden gehen die Meinungen jedoch auseinander: 38 Prozent der Mitglieder des Bundesverbands Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) sind der Meinung, dass junge Menschen eine schlechtere Zahlungsmoral haben als ältere. 62 Prozent sind der Meinung, dass junge Kunden hinsichtlich ihrer Zahlungen entweder gleich verlässlich oder sogar verlässlicher sind. Inkasso ist dabei kein großes Thema.
Wofür geben Millennials ihr Geld aus?
Wofür gibt die „Avocadotoast-Generation“ nun also ihr Geld aus und nimmt Kredite auf? Wenn die Vorurteile zutreffen, sollten wir einen Unterschied im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung sehen können. Die ist laut der EOS Schulden Studie 2017 in Ländern wie Deutschland, Russland und den USA zweimal bereitwilliger, Schulden, aufzunehmen, um für ein Auto oder ein Motorrad zu zahlen, als für ihre Bildung.
Als Grund für die Jugendverschuldung machen 81% der BDIU-Mitglieder zu hohe Ausgaben für Konsumgüter verantwortlich. Sie sind der Meinung, dass junge Menschen durch Online-Shops, Telekommunikationsanbieter und Fitnessstudios in Probleme geraten, wohingegen Erwachsene zwischen 25 und 59 Schwierigkeiten bei Rückzahlungen an Banken oder Bausparkassen, Energieversoger und Telekommunikationsanbieter haben.
Das Muster ist klar zu erkennen: Die jüngere Generation nimmt mehr Schulden auf, jedoch seltener, um ein Haus zu kaufen, sondern eher, um es für kurzfristige Bedürfnisse auszugeben.
Erlebnisse wichtiger als Besitz.
Verständlicherweise wollen Millennials schuldenfrei sein, wie jeder andere auch. Wie wir aus dem Bericht der Bank of America erfahren, machen sich 35% Sorgen darüber, nicht genug zu sparen. Vielleicht ist es für sie auch einfach nicht so leicht, finanzielle Sicherheit zu erreichen: Die an vielen Orten in die Höhe schnellende Wohnungspreise machen es jungen Menschen um einiges schwerer. Anderen bereiten eher die hohen Kosten für Smartphones Probleme, ohne die heutzutage kein Millennial mehr auskommt.
Manchmal geht es nur um den Kauf von Lebensmitteln und das Zahlen der Miete.
Daher sind finanzielle Kenntnisse über Kredite und Zinssätze, Ratenkauf mit den dazugehörigen Anzahlungen und monatlichen Zahlungen, Schuldenrückzahlung und Finanzplanung so wichtig. Das Global Financial Literacy Excellence Centre (GFLEC) ist der Meinung, dass dies auch auf Millennials zutrifft und kommt zu dem Schluss: Millennials fehlt das Grundwissen für fundierte finanzielle Entscheidungen. Ihre Gläubiger stimmen dem zu: 52% der BDIU-Mitglieder führen die Jugendverschuldung auf Unkenntnis in Finanzfragen zurück.
Den Tag leben oder an morgen denken?
Es ist offensichtlich, dass hier etwas getan werden muss. Ein Optimist würde sagen, dass es für die gut ausgebildeten Millennials, nie zu spät ist, etwas hinsichtlich ihrer Finanzen zu lernen. Dazu gehört, Ausgaben im Auge behalten, zu strukturieren und zu verwalten. Damit sie am Ende beides haben können: Avocadotoast und ein Haus, in dem sie ihn genießen können.